Pop Schwiiz? — Pop Schwiiz!

Wo hört das Volkslied auf und wo fängt der Mundart-Pop an?

Ganz einfach: die Schallplatte hat's möglich gemacht. Und Radio Beromünster. 1931 aufgebaut, half der Landessender aktiv mit, das neue Schweizer Liedgut zu verbreiten.

Wenn also die Geschwister Schmid zusammen mit der Swing-Band von Teddy Stauffer loslegten, dann hatte bald jedermann diesen Sound im Ohr. Zwar wurde die Melodie auch von allen Barpianisten nachgeklimpert. Aber die richtige Version, die einzig echte, das war eben die von den Geschwistern Schmid.

Melodien wurden damals plötzlich nicht mehr für den Notenständer oder ein Gesangbuch komponiert, sondern Sängern und Sängerinnen auf den Leib geschrieben. Dieser Trend hat sich seit den 70er-Jahren noch verdichtet. Als im Tonstudio die Mehrspur-Technik Einzug hielt und das elektrische Zeitalter das akustische ablöste. Niemand will heute „I schänke dr mis Härz“ vom Duo Joggi & Vreni hören. Dieses Lied darf einfach nur Kuno Lauener singen.

Von ganz wenigen Mundart-Songs existieren ernst zu nehmende Cover-Versionen. „Campari Soda“ ist so ein Fall. Technisch vermögen viel später entstandene „Campari“-Covers mehr zu überzeugen als das Taxi-Original von 1977. Sie sind geschliffener, besser gesungen. Das gewisse Etwas strahlt aber nur das Original aus. Sänger ist der Komponist Dominique Grandjean. Und bevor er dann zum Wörtchen „Soda“ kommt, halte ich auch beim hundertsten Mal noch den Atem an: Schafft er den tiefsten Ton oder schafft er ihn nicht? Ich muss sagen: es bleibt knapp...

Hinter diesem Nie-ganz-Perfekten, das man bei den Boss-Buebe genau so findet wie bei Gölä, verbirgt sich wohl das Erfolgsgeheimnis des Mundart-Pop. Niemand verfügt hierzulande über das Geld um für ein halbes Jahr in ein karibisches Tonstudio einzutauchen und dort am perfekten Hit zu tüfteln. Dazu ist der Schweizer Markt zu klein.

Die unerklärliche Magie, welche viele grosse Schweizer Mundart-Hits auszeichnet, ist aus dem selben Holz wie „Satisfaction“ von den Rolling Stones. 1965 an einem halben Morgen aufgenommen, mitten auf der ersten Amerika-Tournee.

- Beat Hirt

(aus dem Vorwort des DVD Booklets